Der 1. Parteitag der Hamburger Linkspartei stand ganz im Zeichen der Suche nach Konzepten für eine Oppositionspolitik, die über zentrale Problematiken der schwarz-grünen Koalition aufklärt und der fortschreitenden sozialen Spaltung entgegenwirkt.
Die Linkspartei hat sich in eine intensive Analyse der neuen Situation nach der Machtverschiebung von Schwarz zu Schwarz-Grün im Hamburger Senat gestürzt: Was bedeutet der parlamentarische Wechsel der Grün-Alternativen Liste (GAL) ins bürgerliche Lager – einen Bruch mit der Linken oder eine Kontinuität neoliberaler Politik?
Schwarz-Grün sei vor allem für die CDU vorteilhaft, betonte der außenpolitische Sprecher der LINKEN-Bundestagsfraktion Norman Paech in seiner Gastrede. Für die Grünen, die drohten ihr Profil zu verlieren, sei die Koalition langfristig ein »Desaster«. »In Hamburg geht alles weiter wie gehabt, denn die CDU hat ihre Essentials durchgesetzt«, konstatierte Fraktionschefin Dora Heyenn nüchtern. »Knackpunkt« sei vor allem, dass der schwarz-grüne Senat für ohnehin schon teure Prestige-Projekte, wie dem Bau der Elbphilharmonie, großzügig Gelder nachbewillige, während er dringende sozialpolitische Maßnahmen, wie die Einführung eines kostenlosen Kita-Mittagessens, durch eine rigide Sparpolitik vereitle. Bei den Bürgerschaftsdebatten um die 1. Mai-Krawalle, so Heyenn, hätten die Grünen zudem ihre Bereitschaft bewiesen, sich bei den innenpolitischen Hardlinern der CDU anzubiedern.
Die LINKE habe es versäumt herauszustellen, dass die GAL keine linke Partei ist, so der Tenor vieler Redebeiträge. Was die Aufklärungsarbeit anbelange, so bestehe erheblicher Optimierungsbedarf: Im Wahlkampf sei es zwar gelungen zu zeigen, dass die Elbmetropole vor allem eine sozial gespaltene Stadt ist. Mittlerweile seien CDU und Grüne aber wieder auf bestem Wege, die alten Mythen von Hamburg als wachsender und kreativer Stadt durchzudrücken, warnte Joachim Bischoff vor einem Roll-Back linker Aufklärung. »Da die Akzeptanz von Schwarz-Grün gestiegen ist«, forderte der finanz- und haushaltspolitische Sprecher der LINKEN-Fraktion, »brauchen wir eine Politik der Desillusionierung.« Mit der Forderung, der Hamburger Senat solle regelmäßig einen Armuts- und Reichtumsbericht vorlegen, sei bereits ein Schritt getan, dem »schwarz-grünen Realitätsverlust« entgegenzuwirken, betonte Dora Heyenn.
Die Hamburger LINKEN wollen aber nicht bloß ihren inhaltlich-programmatischen Fokus auf die Kompensation grünen Versagens legen. Schon gar nicht wollen sie »Lückenbüßer« sein, wie Landesvorstand Horst Bethge betonte. Die Arbeitsgrundlage für die nächsten zwei Jahre soll das Wahlkampf-Sofortprogramm sein. Schwerpunkte der Initiativen der Linksfraktion werden die Schaffung von Berufsausbildungsplätzen und der Ausbau des sozialen Wohnungsbaus sein, so Bethge.
Ein besonderes Augenmerk soll auf die Herstellung von mehr Steuergerechtigkeit gelegt werden, kündigte Heyenn an. Die LINKE werde bereits in der nächsten Bürgerschaftssitzung einen Antrag zur Aufstockung der Zahl der Betriebsprüfer und Steuerfahnder in den Finanzämtern einbringen, der »Schwarz-Grün in die Bredouille bringen könnte«. Die SPD habe bereits ihre Unterstützung angekündigt. Eine erste zarte Annäherung an die Hamburger Sozialdemokraten? »Ob es eine Zusammenarbeit geben soll, werden wir von Fall zu Fall entscheiden«, gibt sich Heyenn ganz pragmatisch. »Wenn es in Sachfragen Gemeinsamkeiten gibt, haben wir damit kein Problem.«